Nennen wir das Kind beim Namen: Wenn wir von Betrieblichem
Gesundheitsmanagement und Wellbeing sprechen, dann geht es nicht in erster Linie um die physische Gesundheit
und um körperliche Fitness. Worauf wir als Unternehmen hauptsächlich Einfluss
haben, ist die psychische Gesundheit – das Wohlbefinden und Glücklichsein bei
der Arbeit.
Ich möchte deshalb hier 7 kürzlich erschienene
Artikel zum Thema vorstellen, die ich für lesenswert halte. Weitere werden
folgen.
Zoe Blarowski
Warum sind Depressionen auf dem Vormarsch?
Heute leiden etwa zehnmal mehr Menschen an Depressionen als
1945. Depressionen sind zudem weltweit die häufigste Ursache für Invalidisierungen.
Was treibt diesen globalen Anstieg der Depressionen an? Höchstwahrscheinlich
ein komplexer Mix von Faktoren, von denen wir die meisten aber beeinflussen
können:
1. Grössere soziale Akzeptanz
Vielerorts hat die Depression nicht mehr so viel von einem
sozialen Stigma wie früher. Dadurch stehen mehr dass zu ihren psychischen
Problemen und suchen Hilfe.
2. Chronische Krankheiten
Auch chronische Krankheiten nehmen mit der steigenden
Lebenserwartung laufend zu. Depressionen aktivieren die gleichen neuronalen
Signalwege in unserem Gehirn aktivieren wie bspw. Alzheimer,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.
3. Drogengebrauch
Depressionen treten häufig in Verbindung mit
Drogenmissbrauch auf.
4. Soziale Isolation
Immer mehr Menschen sind allein und einsam. Unsere Zeit wird
durch lange Arbeitszeiten, Technologie und andere Anforderungen verbraucht, die
mit der Pflege sozialer Kontakte konkurrieren.
5. Technologie
Virtuelle Interaktion mit anderen kann das Risiko einer
Depression erhöhen.
6. Moderne Lebensstile
Viele Aspekte des modernen Lebens können das Risiko einer
Depression ebenfalls erhöhen, wie z.B. schlechte Ernährung, Bewegungsmangel
oder zu wenig Schlaf.
Christoph Schäfer
Deutlich mehr Arbeitnehmer leiden unter Stress und Depression
Vor 60 Jahren war das Risiko auf der Arbeit
einen Unfall zu erleiden 5x höher als heute. Andererseits hat sich die Zahl der
psychischen Leiden und Verhaltensstörungen in den letzten 10 Jahren mehr als
verdoppelt. Psychische Krankheiten sind auch mit Abstand die häufigste Ursache
für Erwerbsunfähigkeit.
Unterdessen ist eindeutig nachgewiesen, dass
psychische Belastungen mit dem Veränderungen in der Arbeitswelt zunehmen. Klar
ist jedoch auch, dass persönliche Merkmale und private Probleme ebenso eine
Rolle spielen.
Was sind das für psychische Belastungen bei der Arbeit?
Zu viel Arbeit, für die zu wenig Zeit zur
Verfügung steht, Schichtarbeit, lange, unregelmässige oder nicht vorhersehbare
Arbeitszeiten, fehlende Erholungsmöglichkeiten, unpassende Pausengestaltung,
Termin- und Leistungsdruck, Multitasking und dauernde Unterbrechungen,
berufliche E-Mails und Anrufe in der Freizeit sowie fehlende Unterstützung durch
Vorgesetzte und Kollegen.
Eine lange und sicher nicht abschliessende
Aufzählung! Mit Lösungsvorschlägen kann die vorgestellte Studie aber leider
nicht glänze und bietet nicht mehr als Allgemeinplätze.
Julia Poggensee
Weniger Krankheitstage: Arbeitnehmer fehlen seltener wegen psychischer Erkrankungen
Ist der Trend gebrochen?
Eine deutsche Krankenkasse meldet, dass sich die
Krankheitsabsenzen 2018 zwar leicht erhöht haben. Die Fehltage aufgrund
psychischer Leiden seien aber zum 1. Mal seit 12 Jahren zurückgegangen. Besonders
deutlich bei den Depressionen - um 17 Prozent.
Vielleicht also ein schwaches Licht am Horizont
Zu beachten ist aber natürlich, dass das
untersuchte Sample nur eine Teilmenge aus einem Land ist. Also sicher zu früh,
um von einem Trend zu reden.
Sarah Knapton
Bei den Millennials nehmen Depression und Suizid zu
Junge Menschen sind heute häufiger depressiv und suizidgefährdet
als vor 10 Jahren. Sie schlafen weniger, sind eher übergewichtig, haben ein
schlechteres Körperbild und mit ihrem Konsum sozialer Medien zu kämpfen.
Die Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit fiel mit
dem Aufstieg der sozialen Medien zusammen, da Teenager die Art von Perfektion
erreichen wollen, die ihnen dort gezeigt wird. Es ist auch möglich, dass
Smartphones in den Schlafzimmern für die Verkürzung des gesunden Schlafs
mitverantwortlich sind.
Andererseits haben asoziales Verhalten und Drogenkonsum
unter Jugendlichen in den letzten 10 Jahren abgenommen. Zwei Faktoren, die in
früheren Studien als Ursachen für eine schlechte psychische Gesundheit erkannt
wurden.
Brian Resnick:
Hört auf, die psychischen Probleme von Teenagern auf"Bildschirmzeit" zu schieben
Wie viel Zeit Jugendliche an ihren Smartphones, iPads,
Laptops etc. verbringen, ist die falsche Frage.
Ja. Ängste, Depression und Selbstmord sind bei Teenagern auf
dem Vormarsch. Es ist aber nicht klar, was diese Trends antreibt.
Eine Hypothese taucht aber immer wieder auf
Da Smartphones und digitale Technologien die Art und Weise,
wie Menschen miteinander und mit der Welt umgehen, grundlegend verändern,
führen sie wohl auch zu mehr Stress und Isolation.
Falsch!
Mit digitalen Technologien können sehr unterschiedliche
Dinge angestellt werden, die im Kopf unterschiedlich wirken.
Wenn Forscher herausfinden wollen, ob es wirklich
Zusammenhänge zwischen Technologiegebrauch und psychischer Gesundheit gibt, müssen
sie genauer untersuchen, was Jugendliche auf ihren Handys tun und nicht nur,
wie viel Zeit sie damit verbringen.
Dave Kerpen
3 Dinge, um die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu verbessern
Mit ein paar einfachen Aktivitäten können vor allem
Führungskräfte die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden verbessern und
gleichzeitig das Ergebnis des Unternehmens steigern.
1. Mit gutem Beispiel vorangehen
Die Art, wie du als Führungskräfte mit deinem eigenen
Stress umgehst, wird von Teammitgliedern
wahrgenommen und oft übernommen. Offen über die eigenen Stressmomente und
Lösungen reden ermutigt die Teammitglieder, zu dir zu kommen, wenn ihr Stress
zu gross wird.
2. „Angeschlagene“ Teammitglieder ansprechen
Führungskräfte, die in engem Austausch mit den Mitarbeitenden
sind, erkennen meist schnell, wenn etwas nicht stimmt. Versuche aber nicht eine
Diagnose zu stellen, sondern zeige einfach deine Unterstützung. Mach deutlich,
dass du dich um sie als Person Sorgen machst, nicht nur als Mitarbeitende. Frage,
ob die Arbeitssituation mit ihrem Problem etwas zu tun habe und biete an, bei
beruflichen Herausforderungen zu unterstützen.
3. Psychische Gesundheit thematisieren
Weise regelmässig darauf hin, welche Ressourcen das Unternehmen
zur Verfügung stellt. Erwähne auch, wie du und das Team in solchen Situationen
Unterstützung anbieten können.
Wenn immer möglich, sollte im Unternehmen ein
Mitarbeiterunterstützungsprogramm eingerichtet werden. Wichtig ist, dass dieses
rund um die Uhr Hilfe anbietet und jeder Anruf, jede E-Mail, jede Live-Chat
etc. sofort von einer echten Person beantwortet wird, die bereit ist zuzuhören.
Stelle auch sicher, dass die Mitarbeitenden wissen, dass es absolut vertraulich
ist.
Gaby Hinsliff
Laufen, schwimmen, kochen: das neue Rezept zum Glücklichsein
Ihr Verstand musste sich mit etwas beschäftigen, das sie aus
ihren schrecklichen Gedanken herausführte. Und er entschied sich, höchst
unerwartet, fürs Backen.
Ein Fuß vor den andern setzen, in einen regelmässigen Rhythmus
fallen, um die dunklen Gefühle in Schach zu halten.
Für ihre psychische Gesundheit begann sie in eiskaltem
Wasser zu schwimmen und in die Natur einzutauchen.
3 unterschiedliche Mittel, um den schwarzen Hund in Schach
zu halten. Etwas Einfaches tun, aber gerade genug zu absorbieren, um vom
vorliegenden Problem abzulenken.
Dies mag in individuellen Situationen helfen
Aber damit kratzen wir nur an der Oberfläche dessen, was die
Menschen psychisch widerstandsfähiger machen könnte. Als Unternehmen wie als
Gesellschaft sollten wir Glück als grundlegendes Ziel betrachten. Konkret
hiesse dies bspw. sich für die Überwindung von Einsamkeit oder die Verkürzung
der Arbeitswoche einzusetzen – zwei der Dinge, die von den meisten Menschen als
Haupttreiber für psychische Probleme angesehen werden.
Aber was ist schon Glück …
… im Vergleich
mit den riesigen Herausforderungen in Politik und Wirtschaft?
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